23. Januar 2019

NichtbestimmungsgemäßeVerwendung von Überleitungs-Kanülen (Transfer-Devices) in der Sauerstofftherapie

 

Heute eine Warnung, die uns alle betreffen kann: Vielen Dank an K.-Günther Fliegel (Autor)  für den Text

Was ist eine Überleitungskanüle?

Transferkanüle

Eine Überleitungs-Kanüle (Transfer-device) ist ein Hilfmittel aus dem Bereich der Infusionstherapie und der Transfusionstherapie.
Überleitungskanülen werden zum Auflösen von Lyophilisaten (gefriergetrocknete medizinische Lösungen), Mischen von Lösungen und Arzneimitteln und Aufschwemmen von Ery-Konzentrat (Erythrozytenkonzentrat; Blutprodukte aus roten Blutkörperchen für eine Transfusion) in geschlossenen sterilen Systemen verwendet. D.h. Überleitungskanülen werden für den Transfer von Flüssigkeiten aus einem geschlossenen Behältnis in ein anderes geschlossenes Behältnis eingesetzt. Die Behältnisse können aus Kunststoff oder Glas bestehen und sind mit einem Gummistopfen verschlossen.
Das ist der bestimmungsgemäße Gebrauch (Zweckbestimmung) und kein anderer. Dafür liegt die Zulassung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vor. Deshalb darf dieses Hilfsmittel in der Sauerstofftherapie auch nicht verwendet werden.

Die Zulassung erfolgt auf Antrag des Herstellers beim BfArM. Der Hersteller trägt für die Funktionssicherheit und Gebrauchsfähigkeit die Verantwortung. Ähnlich wie in Beipackzetteln für Medikamente schließt der Hersteller durch die Angabe des bestimmungsgemäßen Gebrauchs im Artikelkatalog und auf der Verpackung des Transfer-Sets „Überleitkanüle zum Überleiten und/oder Mischen steriler Flüssigkeiten im geschlossenen System“ einen anderen Gebrauch als diesen aus. „Wird dieser Artikel anders eingesetzt, ist dies ein nichtbestimmungsgemäßer Gebrauch und die Zulassung erlischt!
Es haftet dann ausschließlich der Anwender für evtl. Schäden.“( Antwort eines Herstellers auf meine Anfrage)
Trotzdem findet man immer wieder in Krankenhäusern die missbräuchliche Verwendung der Kanülen. Auch in der „Deutschen Sauerstoffliga“ wird dieser Mißbrauch beklagt.
Gründe dafür sind:

fehlende Kenntnisse in der Sauerstofftherapie

fehlende Produktkenntnisse

falsche Vorratshaltung

Leichtfertigkeit durch Stress (Zeitmangel)

Neben dem Verwendungsverbot auf der Grundlage der Zulassung für die Transferkanüle als Schlauchverbinder für Sauerstoffschläuche stehen auch konstruktive Gegebenheiten gegen eine solche Verwendung. Die Kanülen haben eine besondere Konstruktion:

Innenliegend haben sie zwei gleich große Kanäle. Ein Kanal dient dem Transfer der medizinischen Flüssigkeit und ein Kanal dient dem Druckausgleich zwischen den Beuteln/Flaschen aus Glas oder aus Kunststoff.

Diese Kanäle haben in diesem Fall einen Durchmesser der Bohrung von ca. 1,5 mm. Das entspricht einem Durchströmungsquerschnitt von 1,77 mm2. Damit ergibt sich für die Kanüle ein Durchströmungsquerschnitt von 2 x 1,77mm2  3,5 mm2.
Im Gegensatz dazu hat ein Schlauchverbinder (Konnektor) (s. Bild 1) einen Bohrungsdurchmesser von 3,0 mm. Das entspricht einem Durchströmungsquerschnitt von ca.7,0 mm2, d.h. der Durchströmungsquerschnitt der Kanüle beträgt nur 50 % von dem des Schlauchverbinders. Damit ist nicht mehr sichergestellt, dass die verordnete Durchflussmenge (Flow; l/min.) auch noch beim Patienten ankommt, da sich mit der Verringerung des Querschnitts der Strömungswiderstand erhöht.

Sie haben an den Enden zwei unterschiedlich lange, spitz auslaufende Dorne. Diese dienen dem Einstechen in die Infusionsgefäße (Beutel/Stopfen auf Flaschen aus Glas oder aus Kunststoff). Die Dorne haben keine Profilierung, die das Herunterrutschen der Schläuche verhindert. Bei einem höheren Flow ( 5 l/min.) ist diese Gefahr sehr groß.

Seitlich sind zwei Griffplatten zur besseren Handhabung für das Einstechen in die Infusionsflaschen ausgeformt. Diese stellen beim Gleiten des Schlauches ein Hindernis dar, das die Gefahr des Abrutschens des Schlauches noch erhöht. Außerdem besteht eine Verletzungsgefahr durch Darauftreten. (Laufen auf Strümpfen im Krankenzimmer)

Fazit:

Die Transfer- Kanülen haben sowohl von der Zulassung durch das BfArM, als auch von der konstruktiven Gestaltung her, in der Sauerstofftherapie nichts zu suchen. Ihre leichtfertige und fahrlässige Verwendung setzt die Patienten der gesundheitlichen Schädigung aus, für die der Anwender die Verantwortung zu übernehmen hat.

Ungeachtet dessen sollten Patienten, die eine Sauerstofflangzeittherapie (LOT) erhalten,einen sehr hohen Flow haben und unter einer schnellen Sauerstoffentsättigung (Hypoxämie; Sauerstoffmangel im arteriellen Blut, das in seiner schwersten Ausprägung auch Anoxämie genannt wird) leiden, bei einer Versorgung im Krankenhaus darauf achten, dass immer die richtigen Schlauchverbinder verwendet werden. Hier besteht öfter das Bedürfnis kurze Schläuche (Standardlänge 2,1 m ) zu verlängern, um den Patienten in seiner Mobilität nicht einzuschränken (eigenes Aufsuchen der Toilette). Sollten Sie auf der Station kein Gehör finden, so wenden Sie sich an den Pflegedirektor. Er ist für die Handlungen des Pflegepersonals verantwortlich. Es geht um Ihre Gesundheit!

 SO sieht ein richtiger Verbinder für die Sauerstoffleitungen aus.

Verbinder